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Wie lange soll man Karpfen anfüttern?

Seien wir doch mal ehrlich, kennen wir nicht die neuesten Gerätschaften, die neuesten Boilies und alles was sich mit unserem wunderbaren Sport beschäftigt viel besser, als die Kreatur Karpfen? Um die Montagen die wir fast blind erstellen können auch sinnvoll einzusetzen, ist es notwendig, dass wir auch Basiskenntnisse über die Fressgewohnheiten der Karpfen haben.

Am Anfang war die Hoffnung. „Wenn Du durchhältst“, so versprach ich mir, „wenn Du zwei Wochen jeden Tag fütterst, wirst Du Karpfen ohne Ende fangen!“ Am Ende dann die Enttäuschung: Nicht ein Biss, obwohl ich 14 Tage lang mit Hartmais gefüttert hatte. Ich saß an einem toten Futterplatz. Da gründelte nichts, keine Blasen stiegen auf, kein Karpfen rollte sich.

Karpfen anfüttern

Zum Anfüttern und Angeln sollte man Stellen bevorzugen, wo schon Karpfen beobachtet wurden.

Im Bauch blieb Wut („Ihr blöden Karpfen!“), im Kopf ein Verdacht („Ich blöder Angler!“) – und mit ihm die Frage: Warum tat sich nichts? Hatte ich am falschen Platz gefüttert, also an den Karpfen vorbei? Oder lag´s an der Futter-Menge? Zu wenig Futter hält die Karpfen nicht am Platz, zu viel Futter übersättigt sie. Oder ist mein Mais, bevor er die Karpfen erreichte, von Weißfischen verputzt worden?

Karpfen am besten anfüttern

So wichtige Fragen sind, die meisten Angler stellen sie erst, wenn eine Anfütter-Aktion schief gegangen ist. Klüger wäre es, vorm Füttern nachzudenken. Mancher Misserfolg lässt sich absehen – und mit der richtigen Fütter-Strategie vermeiden.

Es sind immer dieselben fünf Fragen, die Du Dir vorm Karpfen anüttern stellen musst, um den Erfolg zu sichern:

1. Stimmt der Angelplatz?

Als ich, wie eingangs geschildert, 14 Tage füttere, wollte ich einen neuen See in MeckPomm erschließen. Ich hatte den See ein paar Tage beobachtet, auch hier und dort einen Karpfen rollen sehen. Aber diese Plätze lagen dicht am Parkplatz und wurden von Kollegen beangelt. Ich wollte etwas völlig Neues wagen – und fütterte auf Verdacht in einer flachen Bucht an. Heute, viele Jahre später, an dem See, weiß ich: In dieser Bucht treibt sich alles Mögliche herum, Rotfedern, Brassen und Aale; nur ein Karpfen ist mir noch nie begegnet.. Im Klartext: Wenn Du ein Gewässer nicht genau kennst, solltest Du auf Nummer sicher gehen. Füttere dort, wo Du schon Karpfen beobachtet hast.

Karpfen anfüttern

Erste Wahl sind Plätze, wo die Karpfen fressen. Mögliche Hinweise: Sie rollen sich regelmäßig an der Oberfläche, trüben das Wasser mit Schlammwolken, schicken beim Gründeln kleine Blasenketten nach oben.

Zweite Wahl sind Plätze, wo die Karpfen wenigstens vorbei kommen. Vielleicht hast Du Fische beim Sonnen oder beim Rollen an der Oberfläche beobachtet. Doch Vorsicht: solche Plätze werden nicht immer als Futterplätze angenommen.

Ich kenne einen kleinen See, da ziehen die Karpfen am frühen Abend von einem Ufer zum anderen. Oft rollen sie sich in der Mitte des kleinen Gewässers, an einer INsel. Dort zu füttern und zu angeln, ist aber zwecklos. Die Fische nehmen das Futter am Grund nicht wahr, sie ziehen dicht unter der Oberfläche. Gefrässen wird woanders.

TIPP: Probiere ruhig mal einen völlig neuen Platz. Aber füttere nicht nur dort, sondern gleichzeitig an einer bewährten Stelle. Der Mehraufwand ist gering, Du bist ja ohnehin zum füttern am Wasser. Falls das „Neuland“ versagt, hast Du einen sicheren Zweitplatz in Reserve.

2. Karpfen anfüttern – wirklich Karpfen?

An einem See in Schleswig-Holstein hatte ich eimerweise Hartmais gefüttert. Voller Erwartung legt ich nach ein paar Tagen meine Ruten aus. Sofort ein Biss! Der Anhieb saß, doch die Rute bog sich kaum. am schweren Gerät knüppelte ich einen fünf Pfund schweren Brassen. Und noch einen, und noch einen. Schöne Scheiße…

Das passiert oft: Bevor die Karpfen auf das Futter stoßen, räumen Weißfische ab. Nicht nur Brassen und Alande, auch Rotaugen und Rotfedern können sich für Partikelköder begeistern. Dieses Problem ist absehbar: Biete am zweiten Futtertag probehalber ein einzelnes Maiskorn mit feiner Pose oder Schwingspitze ab. Wenn ein Weißfisch beißt, womöglich direkt nach dem Einwerfen, solltest Du Deine Strategie umstellen.

Entweder brauchst Du einen Köder, der nicht so leicht in den „falschen Hals“ gerät. Boilies sind den meistenWeißfischen zu hart, Kartoffeln oder Pfanni-Knödel zu groß – ein exklusives Angebot für Karpfen!

Oder wähle einen Platz, an dem sich die Karpfen wirklich aufhalten – und nicht nur vorüber ziehen. Das kann ein Seerosenfeld oder eine kleinere Bucht sein. Hier musst Du zur Fresszeit der Karpfen füttern, meist morgens oder abends. Dann setzen sich die Karpfen am Futterplatz gegen die Weißfische durch.

TIPP: Vorsicht, auch Wasservögel können einen Futterplatz abräumen. Achte darauf, dass keine Blesshühner an Deiner Stelle tauchen. Wenn doch, das Füttern in die Nacht verlegen. Oder Köder nehmen, die sich farblich kaum vom Gewässergrund unterscheiden.

bunter Mais

Wer künstliche Farbe ins Spiel bringt, kann dafür sorgen, dass tauchen Wasservögel den Futtermais nicht so schnell finden. Der pink farbene Mais ist auf dunklem Grund schwer zu erkennen.

 3. Stimmt die Menge Karpfen-Futter?

Die Lehre kommt aus Frankreich, von den großen Stauseen:Man kann viel füttern – aber nicht zu viel! Schon wahr: Je größer die Fläche eines Gewässers, desto mehr Futter braucht es, um die Karpfen zu locken. Das hat zwei Gründe: Zum einen muss das Futter breit gestreut sein, sonst schwimmen die Karpfen am Platz vorbei. Zum anderen kommen in großen Gewässern, besonders in Frankreich, of große Karpfen vor. Und ein 50-Pfünder verdrückt natürlich mehr als kleinere Karpfen.

Dennoch: Viele Karpfenangler schaden sich, indem sie zu viel füttern. Ich selbst habe immer wieder beobachtet, dass ich nach einer sparsamen Startfütterung am ersten Abend schon Karpfenbisse bekam. Doch wenn ich größere Futtermengen nachlegte, blieb der erwartete Massenfang aus.

Die Futtermenge hängt immer von zwei Fragen ab: Wie dicht ist der Karpfenbestand? Wie groß das Einzugsgebiet eines Platzes? In kleinen Seerosenfeldern habe ich festgestellt: Oft reicht ein gutes Pfund Hartmais pro Fütterung aus. Einfach deshalb, weil meist nur ein kleines Karpfenrudel auf den Platz stößt.

Dagegen füttere ich im Freiwasser täglich bis zu 5 Kilo Mais. Hier ziehen größere Karpfenschwärme, und der einzelne Fisch muss mehr als ein paar Körner kriegen; sonst prägt sich der Platz nicht ein.

Am Tag vor dem Angeln füttere ich deutlich weniger – je schneller der Fisch den Köder findet, desto besser.

TIPP: In großen Gewässern solltest Du Futterspuren legen, um die Karpfen an Deinen Futterplatz zu führen. Beispielsweise kannst Du den Hauptfutterplatz auf einer Landzunge anlegen, 50 Meter vom Ufer entfernt. Eine Futterspur legst Du 25 Meter in Richtung Seemitte, die andere 25 Meter in Richtung Ufer. So deckst Du 50 Meter einer heißen Zone ab. Durch den Hauptfutterplatz wären es nur wenige Meter.

4. Wie lange soll man Karpfen anfüttern?

FütternEs kommt immer darauf an, was Du mit Deiner Fütterung erreichen willst. Willst Du möglichst viele Karpfen an einen bestimmten Platz locken? Oder hast Du die Karpfen schon gefunden und willst Du sie nur noch an den Köder gewöhnen? Wenn Du den Fressplatz der Karpfen kennst, kann es schon reichen, ein oder zwei Tage vor dem Angeln zu füttern. Länger brauchen die Fische nicht, bis sie dahinter kommen, dass Mais oder Boilies schmecken.

Ganz anders, wenn Du an einem großen Gewässer fischt, wo die Karpfen weit gestreut sind. Hier ist es oft nötig, zwei bis drei Wochen zu füttern. Aber nicht täglich, sondern in Abständen von zwei bis drei Tagen. Beim täglichen Füttern könnte es passieren, dass sich eine große Futtermenge am Grund sammelt, bevor der erste Karpfen darauf stößt. Dann kann das Futter schon verdorben sein.

An kleinen Gewässern gilt: Spätestens nach der dritten Fütterung sollten sich Karpfen an dem Platz einstellen. Wenn Du dann noch keinen Biss bekommst und nichts auf Karpfen hindeutet, solltest Du einen anderen Platz aufsuchen.

5. Wann sollte man füttern?

Gewöhnen sich die Karpfen an eine Fütterzeit? Reicht es, einige Wochen um Punkt 20 Uhr zu füttern – und schon kommt der Biss mit dem Gong der Tagesschau? Natürlich kommt es vor, dass ein Biss in die Schnur peitscht, kaum dass der Köder im Wasser ist. Dann haben sich die Karpfen am Futterplatz eingenistet – ein Verhalten, das vor allem für kleine Gewässer typisch ist.

In den meisten Fällen läuft es aber anders: Die Karpfen wandern und kommen täglich zu einer bestimmten Zeit am Futterplatz vorbei, plus oder minus zwei Stunden. Nehmen wir an, sie schwimmen jeden Tag gegen 23 Uhr vor einen gedeckten Futterplatz. Dann ist es den Karpfen ziemlich egal, wie lange das Futter dort schon liegt. Dass sie nun von Abend zu Abend früher kommen, weil ja schon um 20 Uhr gefüttert wird, ist Angler-, aber nicht Karpfenlogik.

Der Beweis: Kaum ein Boiliangler füttert nachts – dennoch wird ein Großteil der Karpfen bei Dunkelheit gefangen. Einfach deshalb, weil sich die Fresszeiten der Karpfen durch den Zeitpunkt des Fütterns nur bedingt steuern lassen.

TIPP: Du hast längere Zeit angefüttert und dennoch will nichts beißen? Dann versuche mal, 24 Stunden am Stück zu angeln. Vielleicht haben die Karpfen Deinen Futterplatz zwar angenommen, kommen aber zu einer Zeit vorbei, die sich nicht mit Deinen gewöhnlichen Angelstunden schneidet.

 

Text: Bert Schröder, Quelle: Blinker Spezial Karpfen